Bürgerinformationssystem
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Beschlussvorschlag: Der Hauptausschuss beschließt die Unterstützung der Freifunk-Initiative „Freifunk Rheinland e.V.“ mittels Hardware-Bereitstellung, Internetzugängen sowie Nutzung öffentlicher Gebäude für die Errichtung von WLAN-Zugangspunkten zum Aufbau eines Bürger-WLANs in der Innenstadt.
Begründung:
Im Ausschuss für Wirtschaft, Stadtentwicklung und Mobilität am 15.06.2015 wurde neben dem gemeinsamer Antrag der Fraktionen von SPD, CDU, Bündnis 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Gruppe DIE LINKE A 15/0508-01 („Freifunk in Mülheim an der Ruhr“) auch einstimmig der Vorschlag der Verwaltung angenommen, für die Sitzung des Hauptausschusses am 03.09.2015 einen Entscheidungsvorschlag hinsichtlich der möglichen Unterstützung der Freifunk-Initiative zu erarbeiten.
Neben den ehrenamtlich tätigen Freifunkern sind in der Mülheimer Innenstadt auch Firmen aktiv, die kostenpflichtige Angebote oder rein kommerzielle Absichten verfolgen. Für eine ganzheitliche Betrachtung wurden deshalb Gespräche mit den Mülheimer Vertretern der Freifunk-Initiative sowie den Firmen Telekom, Versatel, Unitymedia und World-Communication geführt.
Der Freifunk Rheinland e.V. bietet Know-how zum Aufbau und Betrieb eines flächendeckenden und freien WLANs an. Es wurde im April von den Freifunkern ein Konzept vorgestellt, mit dem Stadtverwaltung, Händler und Privatleute ein WLAN in der Innenstadt aufbauen können und welches perspektivisch auch auf Freizeitbereiche wie die MüGa ausgedehnt werden kann.
Seit Mitte Juli preist die Firma Unitymedia ihren kostenfreien WLAN-Zugang in ausgewählten Städten des Ruhrgebietes an. Seit dem 10.08.2015 sind auch 10 WLAN-Zugangspunkte auf Mülheimer Stadtgebiet freigeschaltet worden. Der Ausbau dieses Netzes orientiert sich allerdings nur an den strategischen Firmeninteressen des Providers und verfolgt nicht vorrangig das Ziel, beispielsweise die Innenstadt mit einem flächendeckenden WLAN auszustatten (auch wenn dies in Presseartikeln seitens Unitymedia sehr viel positiver dargestellt wird). Dies erklärt auch die punktuelle Verteilung der freigeschalteten WLAN-Zugangspunkte. Gleichwohl sind solche Aktivitäten aus städtischer Sicht zu begrüßen, um das Ziel einer flächendeckenden WLAN-Abdeckung zu erreichen. Bei den Firmen Unitymedia und Telekom (Versatel hat im WLAN-Umfeld derzeit keine Angebote) kann auch ein kostenpflichtiger WLAN-Zugangspunkt beauftragt werden, der den Bürgern wiederum unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden kann. Dies bietet entweder für einen festgeschriebenen Zeitraum (in der Regel 30 Minuten) oder für ein bestimmtes Datenvolumen einen kostenfreien Zugang. Darüber hinausgehende Zeiten müssen entweder kostenpflichtig hinzugebucht oder es müssen starke Einbußen bei der Datenübertragungsgeschwindigkeit in Kauf genommen werden.
Die Firma World-Communication verfolgt mit dem Sammeln und Auswerten von Nutzerdaten rein kommerzielle Zwecke, auch wenn die Nutzung eines solchen WLANs für den Anwender vermeintlich kostenfrei ist. Die so gewonnenen Daten (beispielsweise Bewegungsprofile durch Auswertung von automatischen Smartphone-Anmeldungen an WLAN-Zugangspunkten) können anschließend gegen Entgelt an die Mülheimer Händler zur Optimierung ihres Angebotes verkauft werden. Auch bei den kostenpflichtigen und kommerziellen Alternativen wird eine Mitwirkung der Stadt durch Werbung, Bereitstellung städtischer Infrastruktur und/oder finanzieller Beiträge erwartet.
Der große Vorteil eines Freifunk-WLANs besteht in seiner Offenheit. Hat man sich einmal für die Nutzung des Freifunk-Netzes entschieden, bucht sich das mobile Endgerät immer in den nächstmöglichen Freifunk-Zugang ein, ganz unabhängig davon, in welcher Stadt sich der Nutzer befindet. Damit sind Freifunk-Netze sehr einfach handhabbar. Allerdings kann für einen Freifunk-Zugang verständlicherweise keine Verfügbarkeitsgarantie gegeben werden, da der Aufbau und Betrieb dieses WLANs auf ehrenamtlichem Engagement beruht. Für die Freifunker gilt das Prinzip „Best effort“ bei der Behebung von Störungen. Die kostenpflichtigen und kommerziellen Angebote verfolgen mit ihren Produkten einen gänzlich anderen Ansatz, da ein zahlender Kunde selbstverständlich eine zugesagte und bezahlte Leistung auch erfüllt sehen möchte. Die Bereitstellung eines freien WLAN-Zugangs für einen unbekannten Personenkreis ist aus rechtlicher Sicht problematisch, da für Provider nach § 8 Telemediengesetz zwar die Haftung ausgeschlossen ist, dies jedoch noch nicht schlussendlich gerichtlich für Betreiber offener WLAN-Zugänge bestätigt wurde. Derzeit steht eine Entscheidung des EuGH zu einem entsprechenden Rechtsstreit aus, der durch das LG München zur Klärung eingereicht wurde. Die von der Bundesregierung geplante Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung als auch die Novellierung des Telemediengesetzes wird nach den derzeit vorliegenden Informationen die Bereitstellung freier WLAN-Zugänge eher erschweren und nicht zur erhofften Abschaffung der rechtlichen Hürden führen. Die Freifunk-Initiative zeigt sich jedoch optimistisch, auch unter diesen Bedingungen weiterhin freies WLAN anbieten zu können.
Einige NRW-Städte haben sich aufgrund der rechtlichen Problematik zum derzeitigen Zeitpunkt gegen eine Unterstützung der Freifunker entschieden. Während die Stadt Bottrop die weitere Entwicklung zunächst abwarten möchte, realisieren die Städte Dortmund, Köln, Bochum, Gelsenkirchen und Gladbeck den Aufbau eines WLANs mit regionalen Partnern[1]. Düsseldorf kooperiert mit dem Provider Unitymedia. Münster befindet sich derzeit noch in Gesprächen mit Providern wie Telekom und Unitymedia und hat noch keine schlussendliche Entscheidung getroffen. Die Stadt Essen wird die Freifunker lediglich finanziell unterstützen, jedoch selbst keine Infrastruktur bereitstellen, um so bei eventuellen Rechtsverstößen in keinem Fall haften zu müssen. Die Städte Arnsberg, Dormagen oder auch Xanten und Moers hingegen sind ein mögliches Haftungsrisiko bewusst eingegangen, um die Idee eines freien und offenen WLANs zu unterstützen. Im Juni 2015 hat auch die nordrhein-westfälische Landesregierung die Unterstützung der Freifunk-Initiative durch Bereitstellung von Zugängen an öffentlichen Plätzen und in Verwaltungsgebäuden beschlossen.
Das Haftungsrisiko beim Freifunk ist aus technischer Sicht sehr gering, da der gesamte Internetverkehr von den WLAN-Zugängen über verschlüsselte Verbindungen zu zentralen Punkten gesendet und erst dort gebündelt in das Internet geleitet wird. Dadurch lässt sich technisch nicht mehr nachvollziehen, über welchen WLAN-Zugangspunkt eine Rechtsverletzung tatsächlich begangen wurde. Sollte allerdings über andere Wege (beispielsweise durch das Geständnis eines Angeklagten im Rahmen eines Verfahrens) bekannt werden, dass ein von der Stadt bereitgestellter Freifunk-Zugang missbräuchlich genutzt wurde, könnte dies je nach Schwere der Rechtsverletzung einen eventuell sogar erheblichen Image-Schaden für die Stadtverwaltung darstellen. Da es sich beim Freifunk-Netz um ein offenes WLAN handelt, werden folgerichtig auch keine Internetseiten gesperrt. Dies bedeutet jedoch auch, dass über diesen Weg alle Inhalte (z. B. auch jugendgefährdende) frei abrufbar sind. Die Verantwortung liegt ausschließlich beim Nutzer des freien WLAN-Netzes.
Die möglichen Risiken einer missbräuchlichen Nutzung und die Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts sind mit Blick auf die Vorteile eines offenen und freien Internetzugangs, der neben dem Tourismus insbesondere auch sozial schwächer gestellten Personenkreisen zugutekommen dürfte, zu vernachlässigen. Die Verwaltung schlägt daher die Unterstützung der Freifunk-Initiative mittels Hardware-Bereitstellung, Internetzugängen sowie Nutzung öffentlicher Gebäude für die Errichtung von WLAN-Zugangspunkten zum Aufbau eines Bürger-WLANs in der Innenstadt vor. Diese Unterstützung ist ein Signal an die Mülheimer Händler- und Bürgerschaft, dem Beispiel der Stadt zu folgen und ebenfalls einen Beitrag zum Aufbau eines flächendeckenden, offenen und freien WLANs in der Innenstadt zu leisten.
Für Mülheim gilt eine Besonderheit: Nach der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Stadtentwicklung und Mobilität wurde durch ein Anschreiben an die Stadtverwaltung bekannt, dass neben dem Freifunk Rheinland e.V. (FFRL) mit dem Verbund freier Netzwerke NRW e.V. (VFN-NRW) eine zweite Freifunk-Initiative auf Mülheimer Stadtgebiet aktiv ist. Auch wenn beide Vereine das gleiche Ziel verfolgen und eine sehr ähnliche Technik verwenden, scheint eine Zusammenarbeit in Mülheim aus nicht näher bekannten Gründen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich zu sein. Die städtische Unterstützung der Freifunk-Initiative ist primär darauf ausgerichtet, den Mülheimer Bürgern und Bürgerinnen und auch Besuchern ein flächendeckendes WLAN im Innenstadtbereich auf möglichst komfortable Weise zur Verfügung zu stellen. Aus Sicht der Verwaltung ist dies am besten mit einem einheitlichen Freifunk-Netz möglich. Der FFRL hat im August mit knapp 5.900[2] Zugangspunkten und rund 13.300 Nutzern im Vergleich zu den ca. 420[3] Freifunk-Routern des VFN-NRW mit etwa 1220 Anwendern eine deutlich größere Verbreitung in Nordrhein-Westfalen.
Vor diesem Hintergrund schlägt die Verwaltung deshalb vor, den flächendeckenden Freifunk in der Innenstadt gemäß des vorgestellten Konzeptes durch den Freifunk Rheinland e.V. in Mülheim zu etablieren.
In diesem Rahmen sollte ergänzend auch geprüft werden, mit welchem technischen und monetären Aufwand Stadtteile mit erhöhtem sozialem Förderbedarf ebenfalls von dem freien Netzzugang profitieren und Standorte von Beteiligungsgesellschaften mit einbezogen werden können. Die MST wird diesen Prozess durch Information der Händler in der Innenstadt unterstützen.
Die Verwaltung behält sich eine jederzeitige Beendigung der Unterstützung vor, wenn rechtliche, politische oder tagesaktuelle Geschehnisse dies erfordern sollten.
[1] Dortmund mit Dokom; Köln mit Rheinenergie und NetCologne; Bochum mit Bochum Marketing GmbH und SIB systeme GmbH; Gelsenkirchen und Gladbeck mit Gelsen-Net Finanzielle Auswirkungen: Die einmaligen Kosten für die Bereitstellung von Hardware betragen 4.000 €, die allerdings nur sukzessive mit fortschreitendem Projektverlauf fällig werden. An laufenden Kosten müssen jährlich 1.300 € für die Bereitstellung der Internetzugänge, die Hardwarepflege und den Beitritt zum Freifunk Rheinland e.V. veranschlagt werden. Damit wird gemäß dem vorliegenden Konzept der Freifunk-Initiative Mülheim ein WLAN aufgebaut, welches einen Großteil der Außenflächen im Innenstadtbereich abdeckt. Dieses Kernnetz kann durch eine Beteiligung von Händlern und Bürgern weiter ausgebaut werden. Die Kosten dieser Maßnahme können haushaltsneutral im Bereich des Amtes Zentraler Service (Produktgruppe PN01100 / Technikunterstützte Informationsverarbeitung) im Rahmen der etatisierten Mittel finanziert werden und führen zu keiner Haushaltsausweitung. Die Beteiligung von Sponsoren ist ebenfalls denkbar.
Dagmar Mühlenfeld
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