Bürgerinformationssystem
![]() |
![]() |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Behandlungsvorschlag: Der Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales nimmt den Jahresbericht der Fachstelle für behinderte Menschen im Arbeitsleben für das Jahr 2022 zur Kenntnis.
Bericht: Auftrag der Fachstelle für behinderte Menschen im ArbeitslebenDas im Neunten Sozialgesetzbuch – „Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen“ verankerte Schwerbehindertenrecht ist Bestandteil des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG).
Mit der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem SGB IX sind bestimmte Aufgaben und Befugnisse des Inklusionsamtes, mit Sitz beim Landschaftsverband Rheinland Köln, auf die Fachstellen der Städte und Kreise im Rheinland übertragen worden.
Der örtlichen Fachstelle für behinderte Menschen im Arbeitsleben obliegt hiernach u. a. die Ermittlungstätigkeit in Kündigungsschutzverfahren sowie die Gewährung finanzieller Hilfen aus der Ausgleichsabgabe an Arbeitgeber und an schwerbehinderte Menschen.
Wichtige Aufgabe nach dem SGB IX ist zudem die Beratung des/der schwerbehinderten Arbeitnehmer*innen, des Arbeitgebers und der Interessenvertretung wie Betriebsrat, Personalrat, Mitarbeitervertretung und Schwerbehindertenvertretung.
Die Fachstelle ist somit ständiger Ansprechpartner zu allen Fragen bzgl. Schwerbehinderung im Arbeitsleben.
KündigungsschutzverfahrenDer besondere Kündigungsschutz nach dem SGB IX gilt für schwerbehinderte und diesen gleichgestellten Menschen. Eine Schwerbehinderung ist gegeben, wenn ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt. Personen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber mindestens 30, können auf Antrag von der Bundesagentur für Arbeit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder behalten können.
Kündigungsschutz nach dem SGB IX bedeutet, dass die rechtswirksame Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Inklusionsamtes beim Landschaftsverband bedarf. Der besondere Kündigungsschutz hat daher nicht das Ziel, den schwerbehinderten Menschen unkündbar zu machen, sondern Nachteile infolge der Behinderung im Arbeitsleben auszugleichen.
Ziel und Aufgabe des Inklusionsamtes ist es, in enger Zusammenarbeit mit der örtlich zuständigen Fachstelle, alle vom SGB IX vorgesehenen Möglichkeiten zur Sicherung des Arbeitsverhältnisses im Kündigungsschutzverfahren auszuschöpfen, und sicherzustellen, dass Arbeitgeber ihre Fürsorgepflicht erfüllen. Bei der Sicherung der Arbeitsplätze schwerbehinderter und gleichgestellter Menschen ist der besondere Kündigungsschutz daher ein wichtiges Instrument.
Die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung wird vom Arbeitgeber beim Inklusionsamt beantragt. Der Sachverhalt ist von der örtlich zuständigen Fachstelle zu ermitteln. Hierzu ist der betroffene schwerbehinderte Mensch zu hören und ggfs. eine Kündigungsverhandlung zur Klärung der Sach- und Rechtslage durchzuführen.
Das Ergebnis dieser Ermittlungen wird mit einem Entscheidungsvorschlag, der entweder die Zustimmung oder die Versagung der Kündigung beinhaltet, dem Inklusionsamt in Köln mitgeteilt. Im Regelfall folgt das Inklusionsamt dem Entscheidungsvorschlag der örtlichen Fachstelle.
Im Sinne des SGB IX ist in der Kündigungsverhandlung immer eine gütliche Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer*innen anzustreben. Dies kann - die Rücknahme des Kündigungsantrages bei Weiterbeschäftigung, - das Aussetzen des Verfahrens, um für die Parteien geeignete Lösungen zu finden sowie nach Lage des Einzelfalles technische oder finanzielle Hilfen anzubieten, oder - die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im beiderseitigen Einvernehmen sein.
Im gesamten Verfahren ist darauf zu achten, dass alle für den vorliegenden Fall nötigen Beteiligten eingeschaltet sind und evtl. zu Stellungnahmen aufgefordert werden. Mögliche Beteiligte sind: - Fachstelle - LVR - Arbeitgeber und Interessenvertretung - Reha-Träger - Agentur für Arbeit - Arbeitssicherheit - Werks-/ Betriebsärzte - Arbeitsmedizin - Rechtsanwälte - Gewerkschaften - Integrationsfachdienste - Betriebsrat/Personalrat - Vertrauensperson für Schwerbehinderte.
Regelmäßig ist zu prüfen, ob eine Weiterbeschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz des Arbeitgebers möglich ist, wenn z. B. der derzeitige Arbeitsplatz aus betrieblichen Gründen wegfällt (Rationalisierungsmaßnahmen, Personalabbau, Teilstilllegung von Betriebsteilen). Ist die Weiterbeschäftigung auf dem derzeitigen Arbeitsplatz aus gesundheitlichen/behinderungsbedingten Gründen bedroht, so ist zu klären, ob dieser Arbeitsplatz behindertengerecht umgerüstet werden kann, um damit die bestehenden Schwierigkeiten zu beseitigen.
Beratungs- und Informationsgespräche durch die Fachstelle sind - gerade auch im Vorfeld einer drohenden Kündigung - äußerst sinnvoll. Ansprechpartner*innen sind hierbei u.a. die Beauftragten für Schwerbehindertenangelegenheiten beim Arbeitgeber, der Werks- oder Betriebsarzt des Arbeitgebers, die Arbeitssicherheit und die gewählten Vertrauenspersonen.
Durch diese Hilfestellungen werden oftmals Schwierigkeiten und Probleme am Arbeitsplatz einvernehmlich gelöst. Nach Bedarf und mit Einverständnis des schwerbehinderten Menschen können auch die sog. Integrationsfachdienste in Verhandlungen bei vorliegenden Kündigungsanträgen eingebunden werden. Aufgabe der Integrationsfachdienste ist die direkte Begleitung und Betreuung am Arbeitsplatz, sowie auch die Vermittlung ins Arbeitsleben. Die Erkenntnisse und Stellungnahmen des Integrationsfachdienstes fließen natürlich auch in die Entscheidungsfindung mit ein.
Entwicklung der Kündigungsschutzverfahren Nachfolgend wird die Entwicklung der Fallzahlen und der Kündigungsgründe dargestellt:
Der Anstieg der Fälle erklärt sich durch die Schließungen der Tengelmann Verwaltung und Teile der Friedrich Wilhelms-Hütte.
Im Rahmen der Prävention sind Arbeitgeber gehalten, bereits bei den ersten auftretenden Schwierigkeiten im Betrieb, die zu einer Gefährdung des Arbeitsverhältnisses führen könnten, die betrieblichen Helfer und das Inklusionsamt einzuschalten, um alle möglichen Hilfen und finanzielle Leistungen zu erörtern. Ziel ist die dauerhafte Fortführung des Arbeitsverhältnisses und die Vermeidung eines Kündigungsantrages.
Bei den Anträgen auf Zustimmung zu ordentlichen Kündigungen (§ 168 SGB IX) stehen heutzutage meist betriebliche Kündigungsgründe im Vordergrund.
Bei den Anträgen auf Zustimmung zu außerordentlichen Kündigungen (§ 174 SGB IX) liegt die Sachverhaltsaufklärung aufgrund der gesetzlichen Frist von 2 Wochen in der Zuständigkeit des Inklusionsamtes beim LVR Köln. Diese Anträge werden meist im schriftlichen Verfahren ohne Verhandlung geführt. Liegt innerhalb der zweiwöchigen Frist keine Entscheidung des Inklusionsamtes vor, so gilt die Zustimmung als erteilt (Eintritt der gesetzlichen Fiktion).
Eine außerordentliche und damit fristlose Kündigung kann entweder aus wichtigen Gründen erfolgen, wenn z.B. dem schwerbehinderten Menschen persönliches oder verhaltensbedingtes Fehlverhalten angelastet werden kann, welches arbeitsrechtlich zu einer fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt, oder wenn ein Tarifvertrag nur eine außerordentliche Kündigung zulässt.
In diesen Verfahren ist die Zustimmung des Inklusionsamtes zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung bzw. der Eintritt der gesetzlichen Fiktion der Regelfall.
Erwähnenswert ist, dass gewählten schwerbehinderten Vertrauenspersonen oder Betriebsräten auch nur außerordentlich gekündigt werden kann.
Ergebnisse der Kündigungsverfahren
Aufhebungsverträge werden von den Agenturen für Arbeit nicht mehr generell akzeptiert und führen auch bei schwerbehinderten Menschen oftmals zu Sperrfristen. Der Abschluss solcher Verträge ist immer eine individuelle Entscheidung der Vertragspartner*innen und sollte nur rechtlich abgesichert in Anspruch genommen werden.
Erhebung der Ausgleichsabgabe Private und öffentlich-rechtliche Arbeitgeber, die über 20 Arbeitsplätze verfügen, sind verpflichtet, auf wenigstens 5 Prozent ihrer Arbeitsplätze schwerbehinderte oder gleichgestellte Menschen zu beschäftigen. Für jeden nichtbesetzten Pflichtplatz muss pro Monat eine gestaffelte Ausgleichsabgabe (125 bis 320 Euro) gezahlt werden. Die Staffelung richtet sich nach dem Erfüllungsgrad der Pflichtquote.
Jährlich melden die Arbeitgeber die Zahl ihrer schwerbehinderten Beschäftigten an die Bundesagentur für Arbeit. Die Höhe der Ausgleichsabgabe errechnen die Arbeitgeber in Selbstveranlagung und überweisen die Abgabe bis zum 31. März des Folgejahres an das Inklusionsamt.
Diese Einnahmen dürfen nur für die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben einschließlich der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben verwendet werden. Zu den wichtigsten Leistungen des Inklusionsamtes und der Fachstellen gehören die finanziellen Leistungen an Arbeitgeber und an schwerbehinderte Menschen aus den Mitteln der Ausgleichsabgabe.
Die Höhe der Zuweisungen des Inklusionsamtes an die Mülheimer Fachstelle und die daraus getätigten Ausgaben sind nachfolgend dargestellt:
Der Rückgang der Einnahmen (ab 2021) ist darauf zurückzuführen, dass in den vergangenen Jahren nie die volle Förderhöhe ausgeschöpft wurde. Dies bedeut allerdings nicht, dass nur die ausgezahlten Summen zur Verfügung stehen. Für den Fall, dass die Fördersummen ausgeschöpft werden, können zusätzliche Mittel beim LVR beantragt werden.
Auch hier sieht man deutlich die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie. Neben Zugangs- und Kontaktbeschränkungen der ansässigen Firmen und den damit verbundenen ausbleibenden Betriebsbesuchen wurden im Vergleich zu den Vorjahren weniger Mittel der Ausgleichsabge beantragt. Erst ab 2022 und entsprechenden Lockerungen von Einschränkungen etc. stablilisiert sich die Kurve langsam wieder.
Die Ausschöpfung der zur Verfügung gestellten Mittel erfolgte in 2019 zu 47,9 %, in 2020 zu 49,7 % in 2021 zu 45,0 % und in 2022 zu 73,2 %. Nicht verbrauchte Mittel werden an den Landschaftsverband Köln, Inklusionsamt, zurückgegeben.
Finanzielle Hilfen aus der Ausgleichsabgabe Für die Jahre 2019 bis 2022 standen der örtlichen Fachstelle die o. g. Beträge aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung.
Die Ausgaben sind abhängig von Anträgen der Mülheimer Arbeitgeber. Antragsberechtigt sind alle Arbeitgeber (Maßnahmen am Arbeitsplatz) und die schwerbehinderten Menschen selbst (persönliche Hilfen).
Die Höhe der Förderung richtet sich jeweils nach dem finanziellen Volumen der beabsichtigten Maßnahme, dem möglichen wirtschaftlichen Vorteil, der Erfüllung der Pflichtquote des Arbeitgebers und diversen anderen Aspekten des jeweiligen Einzelfalles.
Der Förderrahmen beträgt im Regelfall 60 – 80 %, er kann in Einzelfällen auf bis zu 100 % steigen, insbesondere bei persönlichen Hilfen. Die verbleibenden Kosten sind als Eigenbeteiligung vom Antragsteller zu tragen.
Hier haben sich die Beschränkungen in der Corona-Krise deutlich bemerkbar gemacht. Arbeitsplatzgestaltungen durch Arbeitgeber wurden weitestgehend in die Zukunft verschoben. Die Anträge für außergewöhnliche Aufwendungen eines Arbeitgebers bei personeller Unterstützung am Arbeitsplatz entfallen seit Jahresbeginn, da diese Leistungsform durch den LVR Rheinland übernommen wurde.
Die Entscheidung und Bewilligung der beantragten Maßnahmen liegt jeweils bei der Fachstelle für behinderte Menschen im Arbeitsleben der Stadt Mülheim an der Ruhr.
Bei komplexen Sachverhalten und technischen Fragen wird der Landschaftsverband hinzugezogen. Dieser führt mit der örtlichen Fachstelle eine Arbeitsplatzbesichtigung durch und spricht Empfehlungen zur Förderung der beabsichtigen Maßnahmen aus.
Zielsetzung ist immer, schwerbehinderten Menschen die Beschäftigung an Arbeitsplätzen zu ermöglichen, an denen sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse voll verwerten und weiter entwickeln können und damit befähigt werden, sich am Arbeitsplatz und im Wettbewerb mit nicht behinderten Menschen zu behaupten.
Außenkontakte der Fachstelle für behinderte Menschen im Arbeitsleben: Schwerpunkt bilden die Betriebsbesuche bei Arbeitgebern zur Aufklärung und Abstimmung von Förderanträgen. Die nachstehende Übersicht zeigt die Kontakte von 2017 bis 2020. Unberücksichtigt bleiben die täglichen telefonischen/elektronischen Anfragen von ratsuchenden Bürger*innen, Institutionen und Arbeitgebern sowie die Anhörungen in Kündigungsfällen und die Gespräche mit den verschiedensten Fachdiensten zu den vielfältigen Fragen der Schwerbehinderung im Arbeitsleben.
Auch hier haben sich die Einschränkungen in der Corona-Krise, insbesondere 2021, deutlich bemerkbar gemacht. Kontakte zu den Arbeitgebern wurden, bis auf wenige Ausnahmen, überwiegend telefonisch abgewickelt.
Finanzielle Auswirkungen: Die Mittel der Ausgleichsabgabe werden in der Produktgruppe PN 05.040 bewirtschaftet.
I. V. Dr. Daniela Grobe Anlage(n): Keine |
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
![]() |
![]() |